Erin Schacht 7
1858 konsolidierte der irische Bergbauunternehmer William Thomas Mulvany mehrere Grubenfeldbesitztümer im Gebiet von Castrop. Als Erinnerung an seine Heimat erhielt das neue Grubenfeld den Namen Erin, eine latinisierte Form des gälischen Namens für Irland.
Unter Kapitalnahme durch die Preußische Bergwerks- und Hütten-AG begann Mulvany mit dem Abteufen der Schächte 1 und 2 an der Karlstraße in Castrop. Bereits 1867 wurde mit der Kohlenförderung begonnen. Die Konzeption und der Ausbau der Schachtanlage erfolgte nach Standards, die aus dem angelsächsischen Steinkohlenbergbau übernommen wurden. Schacht 1 und 2 hatten nur einen Abstand von 20 m zueinander. So konnte, wie auf einigen britischen Zechen damals üblich, ein gemeinsames Maschinenhaus zwischen den Schächten errichtet und die Seilführung über zwei Ausleger aus den Giebelseiten dieses Hauses in den Schacht umgelenkt werden. 1870 wurde auf der Schachtanlage eine Kokerei mit Bienenkorböfen in Betrieb genommen.
In den Folgejahren ereigneten sich mehrere Schlagwetterexplosionen mit Todesopfern, ferner führten starke Wassereinbrüche immer wieder zu Betriebsunterbrechungen, die die Kapitaldecke der Betreibergesellschaft erheblich schwächten. 1877 meldete die Preußische Bergwerks- und Hütten-AG Konkurs an. Die Zeche Erin wurde nur provisorisch offengehalten und förderte Kohle lediglich zum Eigenbedarf. Aus diesem Umstand erklärt es sich, dass die Zeche Erin nicht wie die anderen von Mulvany gegründeten Zechen Hibernia und Shamrock bei Gründung der Hibernia AG als Bergbaukonzern einbezogen wurde.
1882 gründete Friedrich Grillo eine neue Gewerkschaft Erin. Diese Gewerkschaft investierte nun umfangreich in die ersoffenen Grubenbaue und sümpfte sie mit Erfolg. 1887 erwarb die Gelsenkirchener Bergwerks-AG (GBAG) die Zeche Erin nebst Kokerei. In den Folgejahren wurde die Kokerei durch einen Neubau abgelöst. Die Förderanlage der Schächte 1 und 2 wurde durch eine im Ruhrgebiet einzigartige Konstruktion ersetzt: Es wurden zwei kleine deutsche Strebengerüste, die über eine Laufbrücke miteinander verbunden waren, als "siamesische Zwillinge" über den Schächten errichtet.
1889 bis 1891 wurde östlich der Schächte 1 und 2 als Seilfahrt- und Wetterschacht der Schacht Erin 3 abgeteuft und in Betrieb genommen. Hierdurch verringerte sich auch das Schlagwetterrisiko erheblich. Über diesem Schacht wurde ein geschlossener Förderturm in Hammerkopfform errichtet. Die Förderung stieg nun erheblich an und brachte damit die GBAG an erste Stelle unter den deutschen koksproduzierenden Unternehmen.
Zur Vervollkommnung der Wetterführung und zur Konzentration der Förderung auf Schacht 1/2 wurde 1890 bis 1892 neben Schacht 1/2 als reiner Wetterschacht Schacht 4 niedergebracht. Ferner wurde im Nordostfeld von 1892 bis 1895 als weiterer reiner Wetterschacht Schacht Erin 5 geteuft.
Von April 1923 bis zum Juli des gleichen Jahres steht Erin unter französischer Besetzung (passiver Widerstand). Mit 3272 Belegschaftsmitgliedern wurden lediglich 188 930 Tonnen Kohle im gesamten Jahr gefördert. Nach und nach wurden Grubenfeldtausche mit den Nachbaranlagen vorgenommen. Beim Entstehen der Vereinigte Stahlwerke AG im Jahr 1926 wurde eine Neuordnung des Bergbaus im Bereich um Castrop und Sodingen vorgenommen.
Die 1925 stillgelegte Zeche Teutoburgia in Herne wurde an die Förderanlage Erin 1/2/4 angeschlossen. Schacht Teutoburgia 1 wurde als Seilfahrtschacht weitergenutzt, Schacht Teutoburgia 2 fungierte ab 1934 nur noch als Wetterschacht. 1930 wurde ferner die alte Kokerei der Schachtanlage Erin 1/2/4 durch einen modernen Neubau ersetzt.
1937 wurde die Förderung in Schacht Erin 3 eingestellt, da auf lange Frist geplant wurde, Schacht 1/2/4 zu einer Zentralförderanlage auszubauen. Die Förderung erreichte eine Million Tonnen Fett- und Gaskohle pro Jahr. Zum weiteren Ausbau der Zeche wurde 1943 zunächst damit begonnen, die Wetterführung im Westfeld zu optimieren. Der hierzu begonnene Wetterschacht Erin 6 musste allerdings wegen der laufenden Kriegsereignisse gestundet werden.
Die Schachtanlage wurde am 3. Januar 1945 bei einem Bombenangriff schwer beschädigt und am 27. Februar wurde die Förderung eingestellt. Nach einem weiteren Angriff musste auch die Koksproduktion am 13. März eingestellt werden. Kurz nach der Besetzung der Anlage durch amerikanische Truppen am 8./9. April kam die Zeche unter britische Verwaltung. Während die Förderung bereits am 19. April wiederaufgenommen werden konnte, begann die Kokserzeugung am 11. Oktober 1945 mit dem Anfahren der Batterien 1 und 3. Erst 1951 waren alle Kriegsschäden beseitigt. Schacht 6 wurde zwischen 1948 und 1951 fertiggestellt.
Die Zeche Erin wurde ab 1951 unter einer eigenen Betreibergesellschaft fortgeführt. Diese war 100%ige Tochtergesellschaft der GBAG. Von 1951 bis 1953 wurde nun auf Schacht 1/2/4 der neue Hauptförderschacht 7 niedergebracht. Dieser erhielt ein vollwandiges Fördergerüst der Bauart Dörnen und sollte die zentrale Produkten- und Materialförderungsfunktion übernehmen.
Ab 1956 wurde die Zeche Erin durch die Dortmunder Bergbau-AG geführt. Bis 1962 wurden die Schächte 1 und 2 nach und nach aus der Förderung genommen. Das Zwilligsgerüst Erin 1/2 wurde Zug um Zug durch eine kleinere Einrichtung ersetzt. Die Schächte wurden fortan nur noch als Wetterschächte betrieben.
1966 führte die Zeche Erin Rationalisierungsmaßnahmen durch, so vor allem eine zunehmende Automatisierung der Strebbetriebe.
1967 erfolgte der Verkauf der Zeche Erin an den Eschweiler Bergwerks-Verein (EBV), der um diese Zeit einige Zechen im Herner und Castroper Gebiet erwarb (z.B. Zeche Lothringen, Zeche Graf Schwerin).
Unter der Führung des EBV wurden der Zeche Erin Reservefelder von Lothringen und Graf Schwerin zugewiesen. Der Schacht Lothringen 6 wurde als Wetterschacht übernommen.
Die jäh einsetzende Absatzkrise ab 1982 führte beim EBV zum Entschluss, sich nach und nach aus dem Bergbaugeschäft zurückzuziehen. Die Zeche Erin, die nach fast 120-jähriger Fördertätigkeit keine ausreichenden Kapazitätsreserven mehr hatte, wurde zur Stilllegung festgeschrieben.
Am 23. Dezember 1983 erfolgte die Stilllegung des Förderbetriebes. Die Kokerei wurde 1984 gelöscht. Mit der Stilllegung beendete die erste und auch letzte fördernde Zeche Castrop-Rauxels die Ära des Steinkohlebergbaus der Stadt.
Die Schächte wurden verfüllt. Die Fördertürme über Schacht 7 und Schacht 3 sind als Industriedenkmale erhalten. Sie künden (teilweise illuminiert) weithin von der großen bergbaulichen Vergangenheit der Stadt Castrop-Rauxel.
Auf dem Gelände der Zeche Erin 1/2/4/7 ist in einigen alten Nebengebäuden sowie auf den Freiflächen der früheren Kokerei ein Technologie- und Gewerbepark entstanden.